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Die Freimaurerei Kampf um den „neuen Menschen“ (1. Teil)
   

Autor: Grzegorz Kucharczyk,
Liebt einander! 2/2012 → Geschichte



Lesen Sie auch 2. Teil hier.

Im Januar 2011 veröffentlichte die liberale französische Zeitschrift „Le Point“ einen Artikel mit dem bezeichnenden Titel „Freimaurer. Die unsichtbare Hand“, in dem sie bekannt gab, dass die Lobby der Freimaurer einen entscheidenden Einfluss auf die wichtigsten Entscheidungen in der Politik, dem Gerichtswesen sowie der Wirtschaft an der Seine erlangt hat.

In demselben Text finden sich auch Informationen über die beträchtliche Anzahl von Freimaurern in der französischen Führungselite. Die Zeitschrift nannte die Namen einiger wichtiger Minister in der Regierung Frankreichs sowie Personen, die sich in unmittelbarer Nähe von Präsident Sarkozy befinden.

„Le Point“, eine Zeitschrift, die den Mainstream-Medien zugerechnet wird, erinnerte ihre Leser daran, dass solch eine beträchtliche Anzahl von Mitgliedern eines Geheimbundes (was die Freimaurerei ja ist) an der Spitze der Macht die Funktion des Staates gefährdet. In diesem Zusammenhang erinnerten die Verfasser des Artikels an den skandalösen Gerichtsbeschluss aus dem Jahre 2008, der Bernard Tapie, einem Businessman, der durch seine – euphemistisch ausgedrückt – undurchsichtigen Geschäftsmethoden (als Vorsitzender des Fußballvereins Olympique Marseille wurde er wegen des Handels mit Spielen verurteilt) bekannt geworden war, eine sehr hohe Entschädigungssumme aus der Staatskasse zugesprochen hatte. „Le Point“ stellte geradeheraus fest, dass dieses Urteil ganz einfach damit erklärt werden kann, dass sowohl Tapie als auch die Richter, die das Urteil sprachen, Freimaurer sind.

Im Jahre 1997 (also schon in dem Zeitraum, als die linksgerichtete Labour Party unter Tony Blair an der Macht war) gab ein Bericht des britischen Home Office (Außenministeriums) die Anordnung heraus, Richter und Polizisten dazu anzuhalten, Auskünfte über ihre eventuelle Zugehörigkeit zu den Freimaurern zu erteilen. Im Jahre 1998 gab der Innenminister Jack Straw aus der Labour Party eine entsprechende Verfügung heraus, die Personen, die in den Polizei – oder Justizdienst aufgenommen werden sollten, dazu verpflichtete, eine Erklärung über solch eine Zugehörigkeit abzugeben. Personen, die bereits im Polizei- und Justizwesen arbeiteten, bevor diese Verfügung in Kraft kam, sollten diese Erklärung freiwillig abgeben. Nach einigen Jahren berichtete die britische Presse, dass die Verfügung des Home Office durch die betreffenden Berufsgruppen praktisch von Anfang an boykottiert wurde.

Wie man anhand dieser Informationen über einige der wichtigsten Länder in der Europäischen Union erkennen kann, ist die Freimaurerei keineswegs bloß eine fixe Idee von Menschen, die Verschwörungstheorien anhängen. Sie ist auch nicht lediglich der Gegenstand von Nachforschungen „ungebildeter Menschen aus dörflichen Gegenden“, sondern ein ernst zu nehmendes Problem staatlicher Natur. Die Undurchsichtigkeit der Strukturen innerhalb der Freimaurerlogen, die ihren personellen Aufbau sowie ihre Wirkungsweise verheimlichen, sind eine ernste Gefahr für das richtige Funktionieren so wichtiger Bereiche des Staatsapparates wie Polizei und Justizwesen. Es erhebt sich nämlich die grundsätzliche Frage und der Zweifel daran, wem gegenüber ein hochgestellter Beamter (Richter) loyaler eingestellt ist: Gilt seine Loyalität dem Rechtsstaat oder seiner Loge?

Im Jahre 1938 ließen sich die Vertreter der II. Republik Polens von eben solchen Gründen leiten, als sie die Tätigkeit der Freimaurerlogen in Polen verbieten ließen. Die rechtliche Grundlage dafür bildete ein Dekret des Präsidenten der Republik, welches, soweit ich weiß, niemals widerrufen wurde.

Die Warnung der Kirche

Die Geschichte der Freimaurerei beginnt mit der Geschichte der Aufklärung (Es ist nämlich nichts anderes als ein Märchen, welches die Freimaurer selbst verbreiten, dass Hirama, der Erbauer des Salomontempels, oder der Orden der Tempelritter die Gründer der Freimaurerei sein sollen). Das Jahr 1717 wird allgemein als Beginn des Geheimbundes angenommen, denn in dieser Zeit wurde in London die erste große Loge ins Leben gerufen.

Seit der Aufklärung bis zur heutigen Zeit zeichnet sich die Freimaurerei durch Geheimhaltung aus, sowohl nach außen hin, gegenüber den nicht Eingeweihten, als auch nach innen, gegenüber den niedriger gestellten Freimaurern, sodass nicht klar ist, wer in den höheren Rängen vertreten ist. Das zweite Kennzeichen der Freimaurerei ist ihr Naturalismus, d.h. ihr Streben danach, alle Verweise auf eine übernatürliche Wirklichkeit sowohl aus dem Leben ihrer Mitglieder wie auch aus dem öffentlichen Leben an sich zu eliminieren. Kurz gesagt handelt es sich um einen radikalen Protest gegenüber der Anwesenheit von Religion, insbesondere der christlichen Religion, in Gesellschaft und Kultur (auch der politischen Kultur). Manchmal verdeckte man dieses grundsätzliche Ziel durch den Deismus, der nichts anderes als ein auf halbem Wege zurückgehaltener Atheismus war, wie es der katholische französische Denker de Bonald im 19. Jahrhundert ausdrückte. Eine andere Art, den antichristlichen Ethos der Freimaurerlogen zu verschleiern, besteht in der lautstark verkündeten caritativen Tätigkeit der Freimaurer und der parafreimaurerischen Organisationen
wie Rotary Club oder Lions‘ Club. Man muss hier jedoch festhalten, dass es sich keineswegs um eine Tätigkeit handelt, die im christlichen Sinn „wegen Christus“ ausgeführt wird, sondern oft gegen Ihn. Es lohnt sich auch zu bedenken, welcher der Apostel sich so sehr empörte, dass das wertvolle Öl, anstatt verkauft zu werden und den Erlös an die Armen zu verteilen, „verschwendet“ wurde, um die Füße Christi zu salben …

Im christlichen Verständnis begründet sich die caritative Tätigkeit durch die Annäherung an Gott und ist nicht als Ziel an sich zu verstehen.

Die Kirche verurteilte die Doktrin und Tätigkeit der Freimaurerlogen sofort. Zuerst tat dies Papst Clemens XII. im Jahre 1738. Papst Benedikt XIV. wiederholte diese Verurteilung im Jahre 1751. Im 19. Jahrhundert wurde diese Erklärung immer wieder durch die nachfolgenden Päpste wiederholt: Im Jahre 1813 und 1821 tat dies Papst Pius VII., 1825 Papst Leo XII., 1832 Papst Gregor XVI., 1846, 1854, 1864 und 1873 der selige Papst Pius IX. Im Jahre 1884 veröffentlichte Papst Leo XIII. eine Enzyklika über die Freimaurerei mit dem Titel Humanium genus. Unter Papst Johannes Paul II. wurden zwei Erklärungen der Glaubenskongregation zu diesem Thema veröffentlicht, und zwar am 17.02.1981 und am 23.11.1983. Auch der heilige Maximilian Kolbe sah die Freimaurerei als den „ersten, größten und mächtigsten Feind der Kirche“ an.

Die Kirche lehnte und lehnt weiterhin die Freimaurerei wegen der bereits erwähnten Merkmale – dem antichristlichen Naturalismus sowie der geheimen
Vorgehensweisen – ab. Die Päpste sagen eigentlich schon seit Jahrhunderten genau das, was heutzutage ab und zu an die Öffentlichkeit der westlichen Welt dringt. In seiner Enzyklika Humanus genus schrieb Papst Leo XIII. unter anderem: „Seit anderthalb Jahrhunderten sind die Freimaurer sehr zahlreich geworden. Indem sie sich der Dreistigkeit und Arglist bedienten, schafften sie es, sich aller Stufen der gesellschaftlichen Hierarchie zu bemächtigen und haben im Schoß der modernen Staaten eine fast mit der Monarchie zu vergleichende Stellung inne.“

Die nachfolgenden Päpste wiesen in ihren gegen die Freimaurerei gerichteten Dokumenten darauf hin, dass die Freimaurerei, beginnend mit dem Zeitalter der Aufklärung und der Französischen Revolution, stets die Vorhut der folgenden „Kulturkämpfe“ bildete, die gegen die Kirche und den Katholizismus entbrannten. Bezug nehmend auf die im 19. Jahrhundert stattfindenden Laizisierungskampagnen, die es auf die Anwesenheit der Katholiken und des Katholizismus im öffentlichen Raum (beginnend mit dem Schulwesen) abgesehen hatten, nannte Papst Leo XIII. in seiner bereits erwähnten Enzyklika aus dem Jahre 1884 die Freimaurerei eine „Sekte, die darum bemüht ist, die Kirche zu unterjochen und sie wie eine Dienstmagd zu Füßen des Staates zu stellen.“

Religionsfälschungen für „aufgeklärte Eliten“

Marian Kukiel, einer der bekanntesten polnischen Historiker, schrieb: „Je weiter wir in das 18. Jahrhundert vordringen, desto »aufgeklärter« ist die Welt, die dem Glauben der Väter abgeschworen hat, die geoffenbarten Religionen verworfen, ihre ganze emotionale Macht abgeworfen und sich von der Liturgie, die die Vorstellungskraft und das Herz gleichermaßen ansprach, abgewendet hat. Diese Welt neigt dazu, die Freimaurerei als eine Ersatzreligion anzunehmen, die ohne Dogmen auskommt, mit dem Verstand und dem Geist der Zeit übereinstimmt und dem Herzen (durch Brüderlichkeit, Humanität, Philanthropie) sowie der Fantasie (durch das Element des Geheimnisumwobenen, der Symbolik, der Bräuche) ein wenig Nahrung gibt.“

Die Aufklärung des 18. Jahrhunderts stellte sich gerne als ein „Zeitalter des Verstandes“ und  eine „Epoche des Lichtes“ dar. In Wirklichkeit war es eine Zeit der religionsähnlichen Erzeugnisse und eine Epoche, in der die Menschen unter einem bis dato in diesem Umfang nicht angetroffenen Einfluss des Aberglaubens und verschiedener Mystifikationen standen. Dieses Syndrom betraf hauptsächlich die Eliten – und nicht nur diejenigen, die mit dem Programm der Aufklärung bezüglich der „Auslöschung der Nichtswürdigkeit“ (wie Voltaire das Christentum nannte) übereinstimmten, sondern auch die Repräsentanten der „alten Ordnung“, die in kurzer Zeit von der Französischen Revolution und den Napoleonischen Kriegen hinweggefegt worden war.

In den Logen waren alle großen Philosophen der Aufklärung aktiv (Montesquieu, Voltaire, die Enzyklopädisten). Freimaurer waren auch viele Vertreter des Ancien Régime: angefangen beim König Frankreichs, Ludwig XVI., über Prinz Philippe von Orleans (dem königlichen Cousin, der seit 1771 Großmeister des Großen Ostens Frankreichs war – der mächtigsten Loge im Lande) bis hin zu vielen Geistlichen und Vertretern der Armee (vor der Revolution existierten fast 70 Logen allein für Offiziere und Soldaten). Schätzungen zufolge gab es im Jahre 1785 an die 30.000 Freimaurer, die sich auf 600 Logen verteilten (im Jahre 1772 waren es nur 102 Logen). Allein in Paris existierten 65 Freimaurerlogen.

Freimaurer waren unter anderem auch Edmund Burke, der zukünftige Schöpfer des europäischen Konservatismus, sowie Joseph de Maistre, der zukünftige „Doktor der Gegenrevolution“, der noch im Jahre 1782 von der Vereinigung der Kirchen durch das Engagement der Logen träumte. Ein Freimaurer (und zwar ein Großmeister des schottischen Ritus) war auch Karl Wilhelm Ferdinand Herzog von Brunswick, der Hauptbefehlshaber der preußisch-österreichischen Armee, welche im Jahre 1792 das revolutionäre Frankreich bezwingen sollte. Er war auch der Verfasser des berühmten Manifestes, das die Zerstörung von Paris ankündete, falls man Ludwig XVI. und seine Familie nicht freilassen sollte (der in dieser Zeit in Preußen herrschende König Friedrich Wilhelm II. war ein Rosenkreuzer).

Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass dieselben Menschen, die im Zeitalter der Aufklärung die sogenannte „mittelalterliche Rückständigkeit“ des Christentums brandmarkten, bei ihrem Eintritt in die Freimaurerlogen dazu gezwungen waren, die freimaurerische Mythologie durch eine eigenhändige Unterschrift anzuerkennen. Diese Mythologie besagte, dass die Anfänge der Logen auf die Erbauer des Tempels des Königs Salomon (Hiram sollte der Gründer der Freimaurer sein) zurückzuführen seien und ihre Kontinuität dem Orden der Tempelritter verdankten. Dieselben Personen, die sich oft über den „Aberglauben des unwissenden, katholischen Volkes“ lustig machten, unterzogen sich ohne Widerstand den erniedrigenden und seltsamen Einführungsritualen, die in allen Logen Pflicht waren. Einige Logen besaßen sogar eine eigene „Körpersprache“. Bei amerikanischen und britischen Freimaurern an der Schwelle vom 18. zum 19. Jahrhundert war es sehr populär gewesen, sich durch den sogenannten Löwengriff (lion’s grip) zu begrüßen.

Viele der im Zeitalter der Aufklärung berühmt gewordenen Hochstapler, die in den bekanntesten Salons verkehrten, waren Freimaurer. Das aufsehenerregendste Beispiel ist Graf Cagliostro (eigentlich Giuseppe Balsamo), dessen Märchen über das Elixier der ewigen Jugend (er sprach davon, dass er schon in den Zeiten der Pharaonen gelebt hatte) sehr viele willige Zuhörer in den Logen und Salons fanden. Der englische, katholische Schriftsteller Gilbert Keith Chesterton formulierte es einmal so: „Das Drama besteht nicht darin, dass die Menschen nicht glauben, sondern darin, dass sie in der Lage sind, fast alles zu glauben.“

Beachten wir letztendlich, dass in den Freimaurerlogen des Zeitalters der Aufklärung die Mitglieder einstimmig die Meinung über die „geistige Beschränktheit“ der vergangenen Jahrhunderte vertraten und dabei gleichzeitig Weltverschwörungstheorien nachhingen. Die freimaurerischen Publikationen waren voll von der im 17. Jahrhundert in protestantischen Kreisen aufgekommenen Verschwörungstheorie über die Jesuiten – der ersten großen Verschwörungstheorie des modernen Europa. Lange bevor man über die freimaurerischen Verschwörungen zu reden begonnen hatte, schrieben die Freimaurer selber über das „Spinnengewebe der geheimen Macht“ der Jesuiten. Fortsetzung folgt!

G. Kucharczyk

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Veröffentlicht mit Zustimmung des "Liebt einander!" im März 2016.



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