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Die lange Geschichte der Kulturkämpfe (1. Teil)
   

Autor: Grzegorz Kucharczyk,
Liebt einander! 3/2011 → Geschichte



Die lange Geschichte der Kulturkämpfe (2. Teil)

Das diktatorische Regime des Relativismus, welches die zeitgenössische europäische Kultur und Politik beherrscht, ein Phänomen, vor dem Papst Benedikt XVI systematisch warnt (zuletzt während seines Aufenthaltes in England), ist nichts anderes als die Fortsetzung der „Kulturkämpfe“, die sich seit dem Jahre 1789 auf unserem Kontinent abspielen.

Die lange Geschichte der Kulturkämpfe (1. Teil) Der Kulturkampf fand nicht nur in Deutschland in den Zeiten Bismarcks statt, sondern hatte seine eifrigen Nachahmer in Frankreich, Italien, Portugal und Spanien. Wie man leicht erkennen kann, betraf diese Erscheinung vor allem katholische Länder (oder solche, in denen wie in Deutschland nach 1871 ein sehr großer Bevölkerungsanteil katholisch war). In all diesen Ländern kam es zu einem brutalen Kampf verschiedener liberaler Abspaltungen gegen die katholische Kirche mit Hilfe des durch sie beherrschten (so in Frankreich, Italien und den Ländern der Iberischen Halbinsel) oder zeitweilig ihnen gewogenen Staatsapparates (so in Deutschland unter Bismarck). Im Propagandakampf benutzte man Phrasen wie „Fortschritt“, „Verbreitung der wahren Erziehung“, „Freiheit“. Von der Letzteren war jedoch in allen Kulturkämpfen am wenigsten zu spüren. Von der Spree bis an den Tajo wurde das, was die zeitgenössischen Liberalen unter dem Begriff Freiheit verstanden, mit der eisernen Hand des Staates eingeführt, der bei dieser Gelegenheit auch seine Kompetenzen immer mehr erweiterte. In den „Kulturkämpfen“ des 19. Jahrhunderts, wie übrigens auch in den jetzigen, betrachtete man solche Kategorien wie freie Wahl der eigenen Lebensweise (beispielsweise die Wahl des Ordenslebens) oder das uneingeschränkte Recht der Eltern, ihre Kinder so zu erziehen, wie sie es ihrem Gewissen nach für richtig halten (beispielsweise in Schulen, die von der Kirche geführt werden) für unwichtig, denn es gab ein höheres Ziel – die „neue, bessere Kultur“, die man mithilfe besonderer Gesetzgebung und der Gendarmerie einführte.

Die Französische Revolution war sozusagen der Prototyp dieser von oben eingeführten Trennung der christlichen Religion von der Gesellschaft mithilfe des Staates, gegen den Willen des Volkes, auf das man sich jedoch ständig berief. Das antichristliche Antlitz der Französischen Revolution stammte aus der Epoche der vorrevolutionären Aufklärung. Wie Voltaire schon sagte: Man muss „diese Nichtswürdigkeit austilgen“. Diese „Nichtswürdigkeit“ war für den Autor des Kandid oder die beste Welt und seine Schüler, die nach 1789 in Frankreich herrschten, natürlich das Christentum. Dieses Motto Voltaires – der nebenbei gesagt auch Verfasser des Traktats über die Toleranz war, von der jedoch das Christentum ausgeschlossen werden sollte – wurde in den Zeiten der Revolution von einem Mitglied der Jakobiner weiterentwickelt, das bei einer Versammlung seines Klubs im Jahre 1795 sagte: „Ja, Bürger, die Religion ist mit dem System der Freiheit nicht vereinbar, ihr fühlt es genauso wie ich. Niemals wird ein freier Mensch seinen Kopf vor den Göttern des Christentums beugen; niemals werden die Dogmen, Rituale, Geheimnisse und die Moral des Christentums den Republikanern gefallen … Gibt uns die heidnischen Götter wieder! Wir werden gerne Zeus, Herkules oder die Pallas Athene verehren, aber wir wollen diesen märchenhaften Schöpfer der Welt nicht mehr … wir wollen diesen unergründlichen Gott, der alles erfüllen können soll, nicht mehr.“

Der Autor dieser Worte war der berühmte Marquis de Sade, bekannt geworden durch seine sexuellen Perversionen (von seinem Namen stammt die Bezeichnung einer bestimmten Deviation), wegen derer er auf Bitten seiner eigenen Familie für eine Zeit lang in der Bastille untergebracht wurde. In diesem Zusammenhang erlangt die Zerstörung derselben eine ganz neue Bedeutung.

Als de Sade diese Worte sprach, dauerte die revolutionäre Politik gegen Frankreich, die „erstgeborene Tochter der Kirche“, bereits fünf Jahre. Zuerst hatte man die Kirche angegriffen. Schon im Jahre 1789 hatte man das ganze Kircheneigentum beschlagnahmt, welches dann, wie im England des 16. Jahrhunderts, das Vermögen der neuen republikanischen Aristokratie bildete (die mit sogenannten Zahlscheinen spekulierte, welche als Sicherung die eingezogenen Kirchengüter hatten). Im Februar 1790 erließ die revolutionäre Nationalversammlung ein Dekret über die Auflösung aller Klöster und Orden in Frankreich, und am 15. August 1791 (es war kein Zufall, dass man dafür einen großen kirchlichen Feiertag wählte) verbot man den Priestern, die Soutane zu tragen. Im September 1793 – zum Höhepunkt des wütenden jakobinischen Terrors – beschloss man das „Recht der Verdächtigen“, welches die Möglichkeit eröffnete, Menschen für „aristokratische Sympathien“ zu enthaupten. Mit diesen „Sympathien“ meinte man die Haltung derjenigen, die Gottesdienste verheimlichten, die in Privatwohnungen durch sogenannte nicht vereidigte Priester abgehalten wurden. Nicht vereidigte Priester waren Priester, die den Eid auf die Treue gegenüber der Zivilverfassung des Klerus nicht geleistet hatten.

Die „Zivilverfassung des Klerus“ war ein Versuch, in Frankreich eine schismatische Kirche zu etablieren. Sie machte aus katholischen Geistlichen staatliche Funktionäre, gewählt (auch die Bischöfe) durch die Bürger eines Departements (die Diözesen wurden den Grenzen der Verwaltungsbereiche angepasst), ganz unabhängig davon, ob diese Bürger Atheisten waren oder nicht. Am 10. März 1971 verwarf und verurteilte Papst Paul VI. offiziell diese Anmaßung des revolutionären französischen Staates. König Ludwig XVI., der zwar ein entsprechendes Dokument unterschrieben hatte, betrachtete die „Zivilverfassung“ dennoch als den Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte – darüber informierte er in einem Brief kurz vor seiner misslungenen Flucht aus Paris.

„Die Zivilverfassung des Klerus“ war auch deshalb bahnbrechend, weil sie einen weiteren Vorwand bot, eine neue Gewaltspirale gegen die Geistlichen loszutreten, die den Eid nicht leisteten und dem Oberhaupt der Kirche die Treue hielten. Am 27. Mai 1792 beschloss man die Deportation aller Geistlichen, die den Eid nicht leisten wollten, in die Kolonien. Am 18. März 1793 verabschiedete die Republik die Todesstrafe für alle, die sich der Vereidigung widersetzten. Die Todesstrafe war, wie wir wissen, auch für Laien vorgesehen, die den sogenannten „nicht vereidigten“ Geistlichen Zuflucht gewährten, an den durch diese Priester gefeierten Messen teilnahmen oder die durch diese Priester erteilten Sakramente empfingen. Wie formulierte es im Jahre 1793 der „Henker von Lyon“, der jakobinische Kommissar Chalier: „Die Priester sind die einzige Ursache allen Übels in Frankreich. Die Revolution, die ein Triumph der Aufklärung ist, kann nur mit Ekel auf die lange Agonie dieser Nichtswürdigen schauen“.

Die Märtyrer der Revolution

Schätzungen zufolge haben ca. drei Tausend katholische Priester während der Revolution in Frankreich ihr Leben für den Glauben hingegeben. Im Jahre 1793 war P. Julien d’Herville, ein nicht vereidigter Jesuit, einer dieser Märtyrer. In den Akten des Revolutionstribunals von Orleans befindet sich folgende Eintragung: „Man fand bei ihm alle zur Ausübung des Fanatismus und Aberglaubens nötigen Mittel: ein Skapulier mit zwei Medaillons, ein kleines rundes Kästchen mit verzaubertem Brot [es handelte sich um konsekrierte Hostien - Anm. d. Verf.], ein Band, an dem sich ein großes Silberkreuz befand, ein Herz aus Silber sowie ein Kristallreliquiar“.

Danton versuchte seine Kollegen aus dem revolutionären Konvent davon zu überzeugen, alle „Widerstand leistenden Priester“ auf ein Schiff zu laden und sie dann „auf irgendeinen Strand in Italien, dem Vaterland des Fanatismus“ hinauszuwerfen. Letztendlich entschied man sich für die mörderischen Tropen in Französisch Guayana, welches zum Ort der Verbannung und des Martyriums vieler „Nicht-Vereidigter“ wurde. Über ein halbes Jahr lang (seit Ende des Jahres 1793) warteten auf Schiffen im Hafen von Bordeaux über 800 Priester auf dieses Schicksal. Eingepfercht, in menschenunwürdigen Bedingungen, ohne Nahrung, Medikamente oder die elementarsten Dinge, um einigermaßen menschlich funktionieren zu können, warteten sie auf die Abreise über den Ozean. Unter diesen Bedingungen starben 547 von den 829 Priestern, die sich auf den Schiffen befanden. Trotz aller Widerstände harrten sie bis zum Ende in diesen Qualen aus. Sie beteten gemeinsam und beichteten. Am 1. Oktober 1995 sprach Papst Johannes Paul II. 64 von ihnen selig und sagte während der Feierlichkeiten: „Trotz der Qualen haben sie sich den Geist des Vergebens bewahrt. Die Einheit des Glaubens und des Vaterlandes war für sie wichtiger als alles andere“.

Das ist jedoch noch nicht das Ende des Martyrologiums der französischen Kirche aus den Zeiten der Revolution, welches Papst Johannes Paul II. erstellt hat. Im Februar des Jahres 1984 sprach er 99 Märtyrer aus Angers selig, die Opfer einer blutigen Pazifikation durch die Revolution wurden. Es wurden auch elf Priester und 3 Ordensfrauen heiliggesprochen. Der Papst aus Polen setzte auf diese Weise das Werk seiner Vorgänger auf dem Stuhl Petri fort. Im Jahre 1906 hatte nämlich der heilige Pius X. 16 Karmelitinnen aus Compiègne seliggesprochen, die während des Kampfes der revolutionären Machthaber gegen das Christentum ums Leben gekommen waren (1793-1794). Die Schwestern wurden auf Viehwagen zum Hinrichtungsort gefahren. Sie sangen das Miserere und das Salve Regina. Als sie das Schafott erblickten, sangen sie Veni Creator und erneuerten laut ihre Tauf- und Ordensgelübde.

Eine besondere Gruppe von Märtyrern aus den Zeiten der Französischen Revolution bilden Laien, die zum Schafott verurteilt wurden, weil sie barmherzig Geistlichen Zuflucht im eignen Haus gewährt hatten. Ein Teil von ihnen wurde offiziell von der Kirche als Märtyrer anerkannt (beispielsweise die Märtyrer von Angers), doch die meisten werden für immer namenlose Heilige bleiben. Einige von ihnen kennen wir jedoch, so zum Beispiel die am 01. Juli 1794 in Morlaix zum Tode verurteilte 80jährige Witwe Anna Leblanc und ihre 60jährige Tochter Anastasia. Ihr „Verbrechen“ bestand darin, dass sie einem verfolgten Priester, Augustine Cleche aus der Diözese Tregnier, bei sich Zuhause Unterschlupf gewährt hatten. Oder Marie Gimet, eine Arbeiterin aus Bordeaux, die mithilfe von Marie Bouqier (diese arbeitete als Bedienstete) drei Priester, Jean Molinier (aus der Diözese Cahors), Louis Soury (aus der Diözese Limoges) sowie Jean Lafond de Villefumade (aus der Diözese Perigueux), in ihrer Wohnung versteckte. In der Urteilsbegründung, die für die beiden Frauen den Tod forderte, lesen wir: „Sie teilten die konterrevolutionären Einstellungen der nicht vereidigten Priester (…), waren stolz darauf, diese versteckt zu haben und wiederholten mehrere Male, dass es besser sei, dem Gesetz Gottes zu gehorchen als den menschlichen Gesetzgebungen. Es fanden sich keine mildernden Umstände (beispielsweise in der Abstammung der Verdächtigen aus dem Volk).“

Das päpstliche Rom zerstören

Die feindseligen Angriffe des revolutionären Staates (der Republik oder des auf den „Idealen des Jahres 1789“ gegründeten I. Kaiserreiches), die dem Vatikan und den Päpsten galten, verdienen eine differenzierte Betrachtung. Bereits im Jahre 1790 wurde das den Päpsten gehörende Avignon eingenommen. „Die Zivilverfassung des Klerus“ aus demselben Jahr war nichts anderes als eine Kriegserklärung, die auch an den Papst gerichtet war. Den Worten folgten im Jahr 1796 auch Taten durch die geschickte Offensive des Generals Bonaparte in Italien. Zwei Jahre später, man schrieb den 01. Februar 1798, besetzten die französischen Truppen unter der Führung von General Berthier das päpstliche Rom. Kurz danach erfolgte der nächste Schritt – die
 „spontane“ (d.h. unter genauer Beobachtung der befreundeten Armee, die von jenseits der Alpen gekommen war) Verkündigung der Römischen Republik durch das „römische Volk“ (d.h. die aktiveren Mitglieder der Freimaurerlogen). Auf diese Art und Weise wurde der seit über tausend Jahren bestehende Kirchenstaat aufgelöst. Um den Papst noch mehr zu demütigen, wurde dieser Beschluss am 15.11.1798 verkündet, dem Jahrestag der Wahl von Pius VI. zum Papst.

Den über 80jährigen, kranken Pius VI. jagten die französischen Revolutionäre aus Rom hinaus und sperrten ihn unter kargen Bedingungen in der Festung Valence ein. Dort starb Pius VI. am 29. August 1799. Seine letzten Worte waren das Gebet: „In te Domine speravi, non confundar in aeternum“. Der Beauftragte der Republik schrieb an das Pariser Direktorium: „Ich, der unterzeichnende Bürger, stelle den Tod eines gewissen Braschi Giovanni Angelo fest, der von Beruf Papst war und den Künstlernamen Pius VI. trug“. Am Schluss fügte er hinzu: „Pius VI., der letzte“.

Noch vor dem Tod von Papst Pius VI. hegte auch General Bonaparte, der künftige Kaiser der Franzosen, ähnliche Hoffnungen. An seinen Bruder Josef, der die Funktion eines französischen Gesandten im Kirchenstaat inne hatte, schrieb er: „Wenn der Papst stirbt, muss alles getan werden, damit kein weiterer mehr gewählt wird und eine Revolution [im Kirchenstaat] stattfindet“. Doch der nächste Papst wurde während des Konklave außerhalb von Rom (in Venedig) gewählt und nahm den Namen Pius VII. an. Mit ihm schloss Bonaparte als erster Konsul im Jahre 1801 ein Konkordat, welches die größte Verfolgungswelle der Kirche in Frankreich beendete und somit die Grundlage zum Wiederaufbau der kirchlichen Strukturen schuf. Der Korse, der sich als Nachfolger Karls des Großen sah, brauchte den Papst, um die Kaiserkrönung in Paris zu vollziehen. Die ganze Zeit über betrachtete er jedoch den Bischof von Rom lediglich als einen ihm untergebenen Funktionär. Bonaparte duldete keinen Widerspruch und verlangte unbedingten Gehorsam. Als Pius VII. es sich ihm Jahre 1809 „erlaubte“, Widerspruch gegen den brutalen Krieg einzulegen, den das Kaiserreich gegen das katholische Spanien führte, wurde der Papst verhaftet und nach Frankreich überführt, wo er als Gefangener des Kaisers der Franzosen bis zu dessen Fall im Jahr 1814 blieb.

Das neue Frankreich – eine neue Kultur und eine neue Zeit

Das Ziel der Revolution war nicht nur die Zerstörung des katholischen Frankreichs. Anstelle der „ältesten Tochter der Kirche“ sollten ein „neues Frankreich“ und „ein neuer Franzose“ entstehen – jeden, der den „republikanischen Maßen“ nicht entsprach, stutzte die Guillotine auf diese zurecht. Es ging aber nicht nur um Menschen. Im Jahre 1973 besprach man allen Ernstes während einer Debatte im Konvent das Projekt eines Deputierten der Jakobiner, der die Zerstörung aller Kirchentürme in Frankreich im Namen der Gleichheit forderte (das Tribunal in Strasbourg würde diesem Postulat sicherlich die „Bedrohung religiöser Freiheit“ wegen der Kreuze auf den Kirchturmspitzen hinzufügen). Das Projekt wurde nicht verwirklicht, was jedoch nichts an der Tatsache ändert, dass die Französische Revolution nichts anderes als ein radikaler, antikatholischer Ikonoklasmus (Bildersturm) war. Man zerstörte ganze Kathedralen (darunter auch die wundervolle Basilika in Cluny) oder beschädigte sie erheblich (insbesondere die sogenannten Königsportale, so geschehen unter anderem in der Pariser Kathedrale Notre Dame und in der Kathedrale von Chartres). Aus der einmaligen gotischen Kapelle Saint Chapelle in Paris (gebaut im 13. Jahrhundert durch den hl. Ludwig IX. als Reliquiar für die Dornenkrone) machte man einen Getreidespeicher. Die Kathedrale von Chartres rettete ein Bürger vor der Zerstörung, indem er sie zum Preis von Geröll von den Machthabern kaufte (heute befindet sich diese Kathedrale auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes). In Bourges, wo sich eine andere wunderschöne Kathedrale befindet, beschloss das Revolutionskomitee, zwei Kirchen (darunter auch die Kathedrale) zu zerstören, denn: „In Zeiten, wo die Philosophie herrscht, muss man sich alle Mühe geben, die Tempel zu zerstören, die von der Dummheit unserer Väter zeugen und Hoffnungen am Leben erhalten, die zu Aberglauben und Scharlatanerie führen.“

Der „neue Mensch“ sollte in einer neuen Zeit funktionieren („neu“ sollte dabei soviel heißen wie antichristlich). Aus diesem Kontext heraus ist die Einführung eines neuen, sogenannten republikanischen Kalenders durch die französischen Revolutionäre (im Jahre 1792) zu verstehen. Den Anfang der neuen Ära sollte die Ausrufung der Republik in Frankreich (am 22. September 1792) bilden und nicht mehr die Geburt Christi. Man strich den Sonntag und auch alle anderen christlichen Feiertage. Anstelle der 7-Tage-Woche führte man 10-tägige Dekaden ein (um die Sonderstellung des Sonntags zu verwischen). Fabre d’Eglantine, einer der Schöpfer des republikanischen Kalenders, sagte: „Die lange Zeit der Gewöhnung an den gregorianischen Kalender hat das Gedächtnis der Menschen mit einer beträchtlichen Anzahl von Vorstellungen angefüllt, die lange respektiert wurden und noch heute für viele religiöse Fehler verantwortlich zeichnen. Es ist also notwendig, diese Visionen der Ignoranz durch die Wirklichkeit des Verstandes zu ersetzen, die Würde der Geistlichkeit soll durch die Wahrheit der Natur ersetzt werden.“

Die Schule, die man von jeglichem kirchlichen Einfluss befreite und der vollständigen Dominanz des revolutionären Staates unterstellte, sollte den „neuen Menschen“ in der „republikanischen Tugend“ erziehen. Das republikanische Erziehungsmodell sollte auf antichristlichen Strukturen aufgebaut werden. Wie sagte es doch der hier bereits zitierte eloquente Theoretiker und Ausführer der Revolution Marquis de Sade: „Franzosen, erteilt nur die ersten Schläge [der katholischen Religion – Anm. d. Verf.], den Rest erledigt das Bildungswesen.“

Was aber solch eine „republikanische Erziehung“ wirklich bedeuten kann, der eine ganze Generation von Franzosen zum Opfer fiel (fast 30 Jahre, von 1789 bis 1815, als man die Monarchie wieder einführte) versinnbildlichen am besten die Worte von Fjodor Dostojewskij: „Wenn der Mensch eines Tages den Versuch wagt, wo auch immer es sein sollte, sein Leben auf Atheismus aufzubauen, dann schaffen wir etwas so Entsetzliches, Blindes und Unmenschliches, dass das ganze Gebäude unter der Last menschlicher Verwünschungen zusammenstürzt“.

Die Generation, die in den Zeiten der Revolution (das 1. Kaiserreich war lediglich eine weitere Fortsetzung) heranwuchs und von ihr erzogen wurde, bedeutete nicht nur einen Bruch mit dem Frankreich der Könige, sondern vor allem einen Bruch mit dem christlichen Frankreich – „der erstgeborenen Tochter der Kirche“. Die Revolution ist nicht am schlimmsten in dem, was sie zerstört, sondern in dem, was sie schafft. (Fortsetzung folgt!)

G. Kucharczyk

Die lange Geschichte der Kulturkämpfe (2. Teil)

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Veröffentlicht mit Zustimmung des "Liebt einander!" im März 2016.



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