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Katechismus der Katholischen Kirche /
Vierter Teil: Das Christliche Gebet
Erster Abschnitt - Das Gebet Im Christlichen Leben
Zweites Kapitel - Die Überlieferung Des
Gebetes
2650 Das Gebet beschränkt sich nicht auf den unwillkürlichen Ausbruch
eines inneren Antriebs; Beten muß gewollt sein. Es genügt auch nicht,
zu wissen, was die Schrift über das Gebet offenbart; Beten will gelernt
sein. Darum lehrt der Heilige Geist die Kinder Gottes das Gebet in der
„glaubenden und betenden Kirche" (DV 8) durch lebendige Weitergabe,
die heilige Überlieferung.
2651 Die christliche Gebetstradition ist eine der Formen, in denen sich
die Überlieferung des Glaubens entfaltet. Dies geschieht besonders durch
das Studium und die Betrachtung der Gläubigen, die in ihrem Herzen die
Ereignisse und Worte der Heilsökonomie bewahren und die geistlichen Wirklichkeiten,
die sie erfahren haben, tief durchdringen [Vgl. Guigo der Karthäuser,
scala].
Artikel 4
An Den Quellen Des Gebetes
2652 Der Heilige Geist ist „das lebendige Wasser", das im betenden
Herzen „zur sprudelnden Quelle" wird, „deren Wasser ewiges Leben
schenkt" (Joh 4,14). Er lehrt uns, an eben dieser Quelle Christus
zu empfangen. Im christlichen Leben gibt es Quellen, an denen Christus
uns erwartet, um uns mit dem Heiligen Geist zu tränken.
Das Wort Gottes
2653 Die Kirche ermahnt alle Christgläubigen „besonders eindringlich,
durch häufige Lesung der göttlichen Schriften ‚die überragende Erkenntnis
Christi‘ zu erlangen". Sie sollen daran denken, „daß Gebet die Lesung
der Heiligen Schrift begleiten muß, damit sie zu einem Gespräch zwischen
Gott und Mensch werde; denn ‚ihn reden wir an, wenn wir beten; ihn hören
wir, wenn wir die göttlichen Aussagen lesen‘ (Ambrosius, off. 1,88)"
(DV 25).
2654 Die Väter des geistlichen Lebens fassen in ihrer Deutung von Matthäus
7,7 die Haltungen des Herzens, das im Gebet vom Wort Gottes genährt wird,
zusammen: „Wenn ihr lest, sucht, und ihr werdet im Nachsinnen finden;
wenn ihr betet, klopft an, und es wird euch durch die Betrachtung geöffnet".
Die Liturgie der Kirche
2655 Die Sendung Christi und des Heiligen Geistes, der in der sakramentalen
Liturgie der Kirche das Heilsmysterium verkündigt, vergegenwärtigt und
mitteilt, setzt sich im betenden Herzen fort. Die geistlichen Väter vergleichen
zuweilen das Herz mit einem Altar. Das Gebet nimmt die Liturgie während
und nach ihrer Feier in sich auf und eignet sie sich an. Selbst wenn das
Gebet „im Verborgenen" geschieht (Mt 6,6), bleibt es Gebet der Kirche
und Gemeinschaft mit der heiligsten Dreifaltigkeit [Vgl. IGLF{ 9.].
Die göttlichen Tugenden
2656 Wir treten in das Gebet ein wie in die Liturgie: durch die enge
Pforte des Glaubens. In den Zeichen der Gegenwart des Herrn suchen und
ersehnen wir sein Angesicht. In ihnen wollen wir sein Wort hören und es
bewahren.
2657 Der Heilige Geist lehrt uns, die Liturgie in Erwartung der Wiederkunft
Christi zu feiern; so erzieht er uns zum Gebet in der Hoffnung. Das Gebet
der Kirche und das persönliche Gebet stärken in uns die Hoffnung. Besonders
die Psalmen mit ihrer konkreten und reichen Sprache lehren uns, unsere
Hoffnung auf Gott zusetzen: „Ich hoffte, ja ich hoffte auf den Herrn.
Da neigte er sich mir zu und hörte mein Schreien" (Ps 40,2). „Der
Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und allem Frieden
im Glauben, damit ihr reich werdet an Hoffnung in der Kraft des Heiligen
Geistes" (Röm 15,13).
2658 „Die Hoffnung aber läßt nicht zugrunde gehen; denn die Liebe Gottes
ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben
ist" (Röm 5,5). Das Gebet, das vom liturgischen Leben geformt ist,
schöpft alles aus der Liebe, mit der wir in Christus geliebt sind. Sie
läßt uns darauf antworten, indem wir lieben, wie er uns geliebt hat. Die
Liebe ist die Quelle des Gebetes; wer aus ihr schöpft, erreicht den Höhepunkt
des Betens:
„Ich liebe dich, mein Gott, und mein einziger Wunsch ist, dich bis
zum letzten Atemzug meines Lebens zu lieben. Ich liebe dich, o du mein
unendlich liebenswürdiger Gott, und ich möchte lieber in Liebe zu dir
sterben, als ohne Liebe zu dir leben. Ich liebe dich, Herr, und die
einzige Gnade, um die ich dich bitte, ist die, dich ewig lieben zu dürfen
... Mein Gott, wenn meine Zunge nicht in jedem Augenblick sagen kann,
daß ich dich liebe, so will ich, daß mein Herz es dir so viele Male
wiederholt, wie ich atme" (Jean Marie Baptiste Vianney, Gebet).
„Heute"
2659 Wenn wir das Wort des Herrn hören und an seinem Pascha-Mysterium
teilnehmen, lernen wir zu bestimmten Zeiten beten. Doch sein Geist wird
uns zu jeder Zeit, in den Ereignissen eines jeden Tages, als Quelle des
Gebetes geschenkt. Die Unterweisung Jesu über das Beten zu unserem Vater
und über die Vorsehung [Vgl. Mt 6.1.1.34] liegen auf der gleichen Linie:
Die Zeit liegt in den Händen des Vaters; wir begegnen ihm in der Gegenwart,
nicht gestern oder morgen, sondern heute: „Ach, würdet ihr doch heute
auf seine Stimme hören! Verhärtet euer Herz nicht!" (Ps 95,7-8).
2660 Eines der Geheimnisse des Reiches Gottes, die den „Kleinen",
den Dienern Christi, den Armen der Seligpreisungen geoffenbart worden
sind, ist es, in den Ereignissen jeden Tages und jeden Augenblickes zu
beten. Es ist gut und richtig, dafür zu beten, daß das Reich der Gerechtigkeit
und des Friedens sich auf den Gang der Geschichte auswirkt; es ist ebenso
wichtig, die schlichten und alltäglichen Situationen mit Hilfe des Gebetes
zu durchdringen. Alle Gebetsformen können der Sauerteig sein, mit dem
der Herr das Gottesreich vergleicht [Vgl. Lk 13,20-21].
Kurztexte
2661 Durch eine lebendige Weitergabe die Überlieferung lehrt der Heilige
Geist in der Kirche die Kinder Gottes beten.
2662 Das Wort Gottes die Liturgie der Kirche die Tugenden des Glaubens
der Hoffnung und der Liebe sind Quellen des Gebetes.
Artikel 5
Der Weg Des Gebetes
2663 Jede Kirche bietet in der lebendigen Überlieferung des Gebetes dem
geschichtlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Umfeld entsprechend
ihren Gläubigen die Sprache des Betens in Worten, Gesängen, Gebetshaltungen
und Bildern an. Das Lehramt [Vgl. DV 10] hat die treue Übereinstimmung
dieser verschiedenen Wege des Betens mit dem überlieferten apostolischen
Glauben zu beurteilen, und die Seelsorger und Katecheten haben deren Sinn
zu erkären, der stets auf Christus bezogen ist.
Gebet zum Vater
2664 Es gibt keinen anderen Weg christlichen Betens als Christus. Unser
Gebet hat nur dann Zugang zum Vater, wenn wir „im Namen Jesu" beten,
in Gemeinschaft oder allein, in gesprochener oder innerlicher Weise. Die
heilige Menschheit Jesu ist der Weg, durch den der Heilige Geist uns zu
Gott, unserem Vater, beten lehrt.
Gebet zu Jesus
2665 Das Gebet der Kirche, das sich vom Wort Gottes und der Feier der
Liturgie nährt, lehrt uns zu Jesus, unserem Herrn beten. Selbst wenn es
sich vornehmlich an den Vater richtet, enthält es doch in allen liturgischen
Überlieferungen Formen des Betens, die sich an Christus wenden. Manche
im Gebet der Kirche aktualisierte Psalmen und das Neue Testament legen
die Anrufungen dieses Betens zu Christus auf unsere Lippen und prägen
sie in unsere Herzen ein:
Sohn Gottes Sohn der Jungfrau
Wort Gottes Guter Hirt
Unser Herr Unser Leben
Unser Heiland Unser Licht
Lamm Gottes Unsere Hoffnung
Unser König Unsere Auferstehung
Du vielgeliebter Sohn Freund der Menschen
2666 Doch der Name, der alles enthält, ist der, den der Sohn Gottes bei
seiner Menschwerdung erhält: Jesus. Der Name Gottes läßt sich von menschlichen
Lippen nicht aussprechen [Vgl. Ex 3,14; 33,19-23.], aber das Wort Gottes
offenbart ihn uns in der Menschwerdung; jetzt können wir ihn anrufen:
„Jesus", „JHWH rettet" Vgl. Mt 1,21]. Der Name Jesu enthält
alles: Gott und den Menschen und die ganze Ordnung der Schöpfung und Erlösung.
„Jesus" beten heißt, ihn anrufen, ihn in uns rufen. Sein Name trägt
als einziger Gottes Gegenwart in sich, die er bedeutet. Jesus ist auferstanden,
und wer immer seinen Namen anruft, empfängt den Sohn Gottes, der ihn geliebt
und sich für ihn hingegeben hat [Vgl. Röm 10,13: Apg 2,21; 3. 15-16; Gal
2,20. - Phil 2,6-11].
2667 Diese äußerst einfache Anrufung aus dem Glauben wurde in der Überlieferung
des Gebetes des Ostens und des Westen in mancherlei Formen entfaltet.
Die häufigste Fassung, die durch die geistlichen Väter auf dem Sinai,
in Syrien und auf dem Berge Athos weitergegeben wurde, ist die Anrufung:
„Jesus Christus, Sohn Gottes, Herr, hab Erbarmen mit uns Sündern!"
Sie verbindet den christusbezogenen Hymnus aus dem Brief an die Gemeinde
in Philippi [Vgl. Mk 10,46-52; Lk 18,13] mit der Bitte des Zöllners und
der Blinden. Durch sie wird das Herz auf das Elend der Menschen und die
Barmherzigkeit ihres Retters eingestimmt.
2668 Die Anrufung des Namens Jesu ist der einfachste Weg des ständigen
Betens. Von einem demütig aufmerksamen Herzen oft wiederholt, verliert
sich dieses Gebet nicht in „vielen Worten" (Mt 6,7), sondern bewahrt
das Wort und bringt in Ausdauer Frucht. Es ist „allzeit" möglich,
denn zu beten ist nicht eine Beschäftigung neben anderen, sondern die
einzigartige Beschäftigung, Gott zu lieben, die in Christus Jesus alles
Tun beseelt und verklärt.
2669 Das Gebet der Kirche ehrt und verehrt das Herz Jesu, wie es seinen
heiligsten Namen anruft. Die Kirche betet das menschgewordene Wort und
sein Herz an, das sich aus Liebe zu den Menschen von unseren Sünden durchbohren
ließ. Das christliche Beten folgt im Kreuzweg gern dem Erlöser nach. Die
Stationen vom Prätorium bis Golgota und bis zum Grab kennzeichen den Weg
Jesu, der durch sein heiliges Kreuz die Welt erlöst hat.
„Komm, Heiliger Geist!"
2670 „Keiner kann sagen: Jesus ist der Herr!, wenn er nicht aus dem Heiligen
Geist redet" (1 Kor 12,3). Jedesmal, wenn wir beginnen zu Jesus zu
beten, lockt uns der Heilige Geist durch seine zuvorkommende Gnade auf
den Weg des Betens. Er lehrt uns beten, indem er uns an Christus erinnert;
wie sollten wir dann nicht auch zu ihm selbst beten? Deshalb lädt uns
die Kirche ein, jeden Tag um den Heiligen Geist zu flehen, besonders zu
Beginn und am Ende jeder wichtigen Tätigkeit:
„Wenn der Geist nicht angebetet werden soll, wie vergöttlicht er mich
dann durch die Taufe? Und wenn er angebetet werden soll, muß er dann
nicht Gegenstand einer besonderen Verehrung sein?" (Gregor v. Nazianz,
or. theol. 5,28).
2671 Die übliche Form der Bitte um den Geist besteht in der Anrufung
des Vaters durch Christus, unseren Herrn, uns den Tröstergeist zu geben‘.
Als Jesus den Geist der Wahrheit verheißt 2, betont er die Notwendigkeit,
in seinem Namen um den Geist zu bitten. Ebenfalls üblich ist das einfachste
und unmittelbarste Gebet: „Komm, Heiliger Geist!". Jede liturgische
Überlieferung entfaltet es in ihren Antiphonen und Hymnen:
„Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen, und entzünde
in ihnen das Feuer deiner Liebe!" [Vgl. die Pfingstsequenz].
„Himmlischer König, Geist des Trostes, Geist der Wahrheit, allgegenwärtig
und alles erfüllend, Schatz alles Guten und Quell des Lebens, komm,
wohne in uns, läutere und rette uns, du, der du gut bist" (Byzantinische
Liturgie, Tropar der Pfingstvesper).
2672 Der Heilige Geist, dessen Salbung unser ganzes Wesen erfüllt, ist
der innere Lehrmeister des christlichen Betens. Er ist der Urheber der
lebendigen Überlieferung des Gebetes. Es lassen sich wohl ebensoviele
Wege des Betens finden, wie es betende Menschen gibt, doch wirkt in allen
und mit allen der gleiche Geist. In der Gemeinschaft des Heiligen Geistes
ist das christliche Beten Gebet in der Kirche.
In Gemeinschaft mit der heiligen Gottesmutter
2673 Im Gebet vereint uns der Heilige Geist mit der Person des eingeborenen
Sohnes in dessen verherrlichter Menschennatur. Durch diese und in ihr
ist unser Gebet als Söhne Gottes in der Kirche mit der Mutter Jesu vereint
[Vgl. Apg 1,14].
2674 Seit ihrer Zustimmung, die sie bei der Verkündigung gläubig gab
und an der sie unter dem Kreuz ohne Zögern festhielt, erstreckt sich die
Mutterschaft Marias fortan auf die Brüder und Schwestern ihres Sohnes,
„die noch auf der Pilgerschaft sind und in Gefahren und Bedrängnissen
weilen" (LG 62). Jesus, der einzige Mittler, ist der Weg unseres
Gebetes. Maria, seine und unsere Mutter, verstellt ihn nicht. Sie ist
vielmehr nach der herkömmlichen bildlichen Darstellung im Osten und Westen
„Wegweiserin" [Hodegetria] und „Wegzeichen" Christi.
2675 Ausgehend von dieser einzigartigen Mitwirkung Marias am Wirken des
Heiligen Geistes haben die Kirchen das Gebet zur heiligen Mutter Gottes
entfaltet. Sie richteten dieses Gebet ganz auf Christus aus, wie er sich
in seinen Mysterien zeigt. In den unzähligen Hymnen und Antiphonen, die
dieses Gebet ausdrücken, wechseln einander für gewöhnlich zwei Bewegungen
ab: Die eine preist den Herrn für die „großen Dinge", die er an seiner
demütigen Magd, und durch sie für alle Menschen, getan hat [Vgl. Lk 1,46-55];
die andere vertraut der Mutter Jesu die Bitten und das Lob der Kinder
Gottes an, weil sie die menschliche Natur kennt, mit der sich der Sohn
Gottes in ihr vermählt hat.
2676 Diese doppelte Bewegung des Gebetes zu Maria hat im „Ave Maria"
einen herrlichen Ausdruck gefunden: Gegrüßt seist du, Maria. Wörtlich:
„Freue dich, Maria". Der Gruß des Engels Gabriel eröffnet das Ave.
Gott selbst grüßt Maria durch seinen Engel. Unser Gebet wagt den Gruß
an Maria aufzunehmen, indem es wie Gott auf die niedrige Magd schaut [Vgl.
Lk 1,48], und an der Freude, die Gott an Maria hat [Vgl. Zef 3,17b], teilzunehmen.
Du bist voll der Gnade; der Herr ist mit dir. Die beiden Teile des Engelsgrußes
erhellen sich gegenseitig. Maria ist voll der Gnade, weil der Herr mit
ihr ist. Die Gnade, die sie ganz erfüllt, ist die Gegenwart dessen, der
die Quelle aller Gnaden ist. „Freu dich, und frohlocke von ganzem Herzen,
Tochter Jerusalem! ... Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte"
(Zef 3,14.17a). Maria, in der der Herr selbst Wohnung nimmt, ist in Person
die Tochter Zion, die Bundeslade und der Ort, wo die Herrlichkeit des
Herrn thront. Sie ist „die Wohnung Gottes unter den Menschen" (Offb
21,3). „Voll der Gnade" ist Maria gänzlich dem hingegeben, der in
ihr Wohnung nimmt und den sie der Welt geben wird.
Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines
Leibes, Jesus. Nach dem Gruß des Engels machen wir uns die Anrede Elisabets
zu eigen. „Vom Heiligen Geist erfüllt" (Lk 1,41) ist Elisabet die
Erste einer langen Reihe von Geschlechtern, die Maria selig preisen [Vgl.
Lk 1.48]: „Selig ist die, die geglaubt hat" (Lk 1,45). Maria ist
„gesegnet ... mehr als alle anderen Frauen" (Lk 1,42), weil sie geglaubt
hat, daß das Wort des Herrn in Erfüllung gehen wird. Aufgrund des Glaubens
konnten durch Abraham „alle Geschlechter der Erde Segen erlangen"
(Gen 12,2-3). Aufgrund des Glaubens ist Maria zur Mutter der Glaubenden
geworden. Ihr verdanken alle Geschlechter der Erde, daß sie den, der der
Segen Gottes selbst ist, empfangen dürfen: „Jesus, die gebenedeite Frucht
deines Leibes".
2677 Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns ... Mit Elisabet staunen
wir: „Wer hin ich, daß die Mutter meines Herrn zu mir kommt?" (Lk
1,43). Weil Maria uns ihren Sohn Jesus gibt, ist sie, die Mutter Gottes,
auch unsere Mutter. Wir können ihr alle unsere Sorgen und Bitten anvertrauen.
Sie betet für uns, wie sie für sich selbst gebetet hat: „Mir geschehe
nach deinem Wort" (Lk 1,38). Wenn wir uns ihrem Gebet anvertrauen,
überlassen wir uns mit ihr dem Willen Gottes: „Dein Wille geschehe!"
Bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Wenn wir
Maria bitten, für uns zu beten, bekennen wir uns als arme Sünder und wenden
uns an die „Mutter der Barmherzigkeit", an die ganz Heilige. Wir
vertrauen uns ihr „jetzt" an, im Heute unseres Lebens. Und unser
Vertrauen weitet sich, so daß wir ihr jetzt schon „die Stunde unseres
Todes" anvertrauen. Möge sie dann zugegen sein, wie beim Tod ihres
Sohnes am Kreuz, und uns in der Stunde unseres Hinübergangs als unsere
Mutter aufnehmen [Vgl. Joh 19,27], um uns zu ihrem Sohn Jesus in das Paradies
zu geleiten.
2678 In der mittelalterlichen Frömmigkeit des Westens entstand das Gebet
des Rosenkranzes als volkstümlicher Ersatz für das Stundengebet. Im Osten
haben die Litaneien des Akáthistos und der Paräklisis mehr Ahnlichkeit
mit dem Chorgebet in den byzantinischen Kirchen bewahrt, während die armenische,
die koptische und syrische Überlieferung Hymnen und Volkslieder zur Mutter
Gottes bevorzugt haben. Doch die Überlieferung des Gebetes ist im Ave
Maria, in den Theotokia, den Hymnen des hl. Ephrem und des hl. Gregor
von Narek im Grunde die gleiche geblieben.
2679 Maria ist die vollkommene Orante und das Bild der Kirche. Wenn wir
zu ihr beten, stimmen wir mit ihr in den Ratschluß des Vaters ein, der
seinen Sohn sendet, um alle Menschen zu retten. Wie der Jünger, den Jesus
geliebt hat, nehmen wir die Mutter Jesu, die zur Mutter aller Lebendigen
geworden ist, bei uns auf [Vgl. Joh 19,27]. Wir können mit ihr beten und
sie bitten. Das Gebet der Kirche ist durch das Gebet Marias wie getragen;
es ist mit Maria in der Hoffnung vereint [Vgl. LG 68-69].
Kurztexte
2680 Das Gebet ist vor allem an den Vater gerichtet und ebenso an Jesus
besonders durch die Anrufung seines heiligen Namens „Jesus Christus, Sohn
Gottes Herr hab Erbarmen mit uns Sündern!"
2681 „Keiner kann sagen Jesus ist der Herr! wenn er nicht aus dem Heiligen
Geist redet (1 Kor 12,3) Die Kirche lädt uns ein den Heiligen Geist als
den inneren Lehrmeister des christlichen Betens anzurufen.
2682 Aufgrund der einzigartigen Mitwirkung der Jungfrau Maria am Handeln
des Heiligen Geistes betet die Kirche gern in Gemeinschaft mit ihr um
mit ihr die großen Dinge zu preisen die Gott an ihr getan hat und um Maria
Bitten und Lobpreisungen anzuvertrauen.
Artikel 3
Führer Zum Gebet
„Eine Wolke von Zeugen"
2683 Die Zeugen, die uns in das Reich Gottes vorausgegangen sind [Vgl.
Hebr 12,2], besonders die von der Kirche anerkannten „Heiligen",
wirken an der lebendigen Überlieferung des Gebetes durch das Vorbild ihres
Lebens, die Weitergabe ihrer Schriften und durch ihr gegenwärtiges Beten
mit. Sie betrachten Gott, loben ihn und sorgen unablässig für jene, die
sie auf Erden zurückließen. Beim Eintritt in „die Freude ihres Herrn"
wurden sie „über vieles gesetzt" [Vgl. Mt 25,21]. Ihre Fürbitte ist
ihr höchster Dienst an Gottes Ratschluß. Wir können und sollen sie bitten,
für uns und für die ganze Welt einzutreten.
2684 In der Gemeinschaft der Heiligen haben sich im Lauf der Geschichte
der Kirchen verschiedene Spiritualitäten [geistliche Lebenshaltungen]
entwikkelt. Das persönliche Charisma eines Zeugen der Liebe Gottes zu
den Menschen konnte weitergegeben werden, wie der „Geist" des Elija
an Elischa [Vgl. 2 Kön 2,9] und an Johannes den Täufer [Vgl. Lk 1,17],
damit die Jünger an diesem Geist Anteil hätten [Vgl. PC 2.]. Eine Spiritualität
erwächst aus verschiedenen liturgischen und theologischen Richtungen.
Sie zeugt von der Einwurzelung des Glaubens in ein bestimmtes menschliches
Umfeld und dessen Geschichte. Die verschiedenen christlichen Spiritualitäten
nehmen an der lebendigen Überlieferung des Betens teil. Sie sind unerläßliche
Führer für die Gläubigen. Die reiche Vielfalt geistlicher Lebenshaltungen
widerspiegelt das reine und einzige Licht des Heiligen Geistes.
„Der Geist ist wahrhaft der Ort der Heiligen, und der Heilige ist für
den Geist ein geeigneter Ort, denn er läßt Gott bei sich wohnen und
wird Tempel des Geistes genannt" (Basilius, Spir. 26,62).
Diener des Gebetes
2685 Die christliche Familie ist der erste Ort der Erziehung zum Gebet.
Auf der Grundlage des Sakramentes der Ehe ist die Familie „Hauskirche",
in der die Kinder Gottes „als Kirche" beten und im Gebet verharren
lernen. Besonders für die kleinen Kinder ist das tägliche Gebet der Familie
das erste Zeugnis für das lebendige Gedächtnis der Kirche, das durch den
Heiligen Geist geduldig geweckt wird.
2686 Auch die geweihten Amtsträger sind für die Ausbildung ihrer Brüder
und Schwestern in Christus im Beten verantwortlich. Als Diener des guten
Hirten sind sie geweiht, um das Volk Gottes zu den lebendigen Quellen
des Gebetes zu führen: zum Wort Gottes, zur Liturgie, zum göttlichen Leben
und zur Erkenntnis der Gegenwart Gottes in den Gegebenheiten des Lebens
[Vgl. P0 4-6].
2687 Zahreiche Ordensleute haben ihr ganzes Leben dem Gebet geweiht.
Seit der Zeit der Mönchsväter in der Wüste Ägyptens widmen Einsiedler,
Mönche und Nonnen ihr Leben dem Lobpreis Gottes und der Fürbitte für sein
Volk. Ohne das Gebet kann das gottgeweihte Leben weder bestehen noch sich
ausbreiten; es ist eine der lebendigen Quellen der Betrachtung und des
geistlichen Lebens in der Kirche.
2688 Die Katechese der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen zielt darauf
ab, daß das Wort Gottes im persönlichen Gebet betrachtet, im liturgischen
Gebet vergegenwärtigt und innerlich aufgenommen wird, damit es in einem
neuen Leben Frucht bringe. Die Katechese kann auch dazu dienen, die Volksfrömmigkeit
zu beurteilen und zu fördern [Vgl. CT 54]. Das Auswendiglernen der Grundgebete
bietet dem Gebetsleben eine unerläßliche Stütze; es ist jedoch wichtig,
den Sinn dieser Gebete erfahren zu lernen [Vgl. CT 55.].
2689 Gebetsgruppen, ja „Schulen des Gebetes" sind heute ein Zeichen
und eine der treibenden Kräfte der Erneuerung des Gebetes in der Kirche,
sofern sie aus den wahren Quellen christlichen Betens schöpfen. Das Bemühen
um die Gemeinschaft ist ein Zeichen für ein wahrhaft kirchliches Beten.
2690 Der Heilige Geist gibt einzelnen Gläubigen die Gaben der Weisheit,
des Glaubens und der Unterscheidung der Geister zum Zweck der geistlichen
Leitung, das heißt eines Wirkens in Hinblick auf dieses gemeinsame Gut
des Gebetes. Die Männer und Frauen, denen solche Gaben zuteil werden,
leisten der lebendigen Überlieferung des Gebetes einen wertvollen Dienst.
Deshalb muß eine Seele, die nach Vollkommenheit strebt, nach dem Rat
des hl. Johannes vom Kreuz „gar wohl beachten, wessen Händen sie sich
anvertraut; denn wie der Lehrmeister, so der Schüler, und wie der Vater,
so das Kind". Der Seelenführer „muß weise und klug sein, aber auch
Erfahrung besitzen ... Wenn dem Seelenführer die Erfahrung in rein geistigen
Dingen fehlt, wird er in der Leitung einer Seele, die von Gott besondere
Gnaden empfängt, nicht zurechtkommen und auch kein Verständnis dafür
haben" (llama, Strophe 3).
Geeignete Orte des Gebetes
2691 Die Kirche, das Haus Gottes, ist für die Pfarrgemeinde der eigentliche
Ort des liturgischen Gebetes. Sie ist auch der bevorzugte Ort, Christus
in seiner Realpräsenz im heiligsten Sakrament anzubeten. Die Wahl eines
geeigneten Ortes kann die Wahrhaftigkeit des Gebetes beeinflussen.
- Für das persönliche Gebet kann dieser Ort eine „Gebetsecke"
mit der Heiligen Schrift und Ikonen sein, um dort, „im Verborgenen"
[Vgl. PC 7], vor unserem Vater zu verweilen. In einer christlichen Familie
begünstigt eine solche Gebetsstätte das gemeinsame Beten.
- Klösterliche Gemeinschaften sind dazu berufen, die Teilnahme der
Gläubigen am Stundengebet zu fördern und die für ein tieferes persönliches
Beten notwendige Einsamkeit zu bieten [Vgl. Mt 6,6].
Wallfahrten erinnern daran, daß wir auf Erden auf dem Weg zum Himmel
sind. Sie sind von alters her zur Erneuerung des Gebetes besonders geeignet.
Heiligtümer sind für Pilger auf der Suche nach ihren lebendigen Quellen
besonders geeignete Orte, um die Formen christlichen Betens „als Kirche"
zu leben.
Kurztexte
2692 Die pilgernde Kirche ist in ihrem Beten mit dem Gebet der Heiligen
verbunden deren Fürsprache sie erbittet.
2693 Die verschiedenen christlichen Spiritualitäten sind Teil der lebendigen
Übeilieftrung des Gebetes und sind wertvolle Führer des geistlichen Lebens.
2694 Die christliche Familie ist der erste Ort der Erziehung zum Gebet.
2695 Die geweihten Amtsträger das gottgeweihte Leben die Katechese die
Gebetsgruppen und die geistliche Leitung bieten in der Kirche eine Hilfe
für die Betenden.
2696 Vorzügliche Orte des Gebetes sind die Gebetsstatten des einzelnen
oder der Familie Kloster und Wallfahrtsheiligtümer, vor allem aber die
Kirche ist für die Pfarrgemeinde der eigentliche Ort des liturgischen
Betens und der geeignete Ort der eucharistischen Anbetung.
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Katechismus der Katholischen Kirche Inhalt
Quelle: http://www.vatican.va/
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