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Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.                Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht mißbrauchen.                Du sollst den Feiertag heiligen.                Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.                Du sollst nicht töten.                Du sollst nicht ehebrechen.                Du sollst nicht stehlen.                Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.                Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.                Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh noch alles, was dein Nächster hat.               
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Das Paradies: Vierter Gesang
   

Inhalt: "Göttliche Komödie"


Fortsetzung. Belehrung über Wesen und Stufen der Seligkeit – weiterhin über den freien Willen.

Zwischen zwei Speisen, gleich entfernt und lockend,

Ging hungrig wohl ein freier Mann zugrund,

Nicht von der einen noch der andern brockend.

So stund ein Lämmchen zwischen Schlund und Schlund

Von zweien Wölfen fest, in gleichem Zagen,

So stund auch zwischen zweien Rehn ein Hund.

So ließ verschiedner Zweifel mich nicht fragen.

Ich schwieg nur, weil ich mußt, und kann davon

Drum weder Gutes jetzt noch Böses sagen.

Ich schwieg, doch ward mein Wunsch vom Antlitz schon

Klar ausgedrückt und deutlicher vernommen,

Als hätt ich ihn erklärt mit klarem Ton.

Beatrix tat wie Daniel, als entglommen

Nebukadnezar war in blinder Wut,

Die des Propheten Deutung ihm benommen.

"Daß dich zwei Wünsche drängen, seh ich gut,"

Begann sie, "die dich fesseln. So daß keiner

Von beiden sich nun kund nach außen tut.

Du fragst: Bleibt unser Will ein guter, reiner,

Wie macht Gewalttat andrer dann den Wert

Und wie den Umfang des Verdienstes kleiner?

Hiernächst auch zweifelst du, weil Plato lehrt,

Daß, wies ihm scheint, zu ihrem Sternenkreise

Die Seele von der Erde wiederkehrt.

Die beiden Zweifel drängen gleicherweise

Auf deinen Willen ein, daher ich Ietzt

Der schlimmern Meinung Falschheit erst beweise.

Der Seraph, den der reinste Schimmer letzt,

Moses und Samuel—die je heilig waren,

Ja, selbst Marien nenn ich dir zuletzt,

Sind nicht in anderm Himmel als die Scharen

Der selgen Geister, die du jetzt gesehn,

Sind reicher nicht und ärmer nicht an Jahren.

Die erste Sphäre machen alle schön,

Doch ist verschiedner Art ihr süßes Leben,

Wie mehr und minder Gottes Hauche wehn.

Sie zeigten hier sich, nicht, weil ihnen eben

Der Kreis zuteil ward, nein, weil dies beweist,

Daß sie zum Höchsten minder sich erheben.

So sprechen muß man ja zu eurem Geist,

Den nur die Sinne zu dem allen leiten.

Was die Vernunft sodann ihr eigen heißt.

Drum läßt sich auch zu euren Fähigkeiten

Die Schrift herab, wenn sie von Gott euch spricht,

Von Hand und Fuß, um andres anzudeuten.

Die Kirche zeigt mit menschlichem Gesicht

Gabriel und Michael und Raphaelen,

Der neu geklärt Tobias Augenlicht.

Doch des Timäus Lehre von den Seelen

Ist andrer Art. Er glaubt auch, was er lehrt,

Und scheint darin kein Sinnbild zu verhehlen.

Daß sich zu ihrem Stern die Seele kehrt,

Er sprichts und glaubt, daß sie von dort gekommen,

Als die Natur sie uns zur Form gewährt.

Allein wird dies nicht wörtlich angenommen,

So kann er doch vielleicht mit dem Beweis

Dem Ziel der Wahrheit ziemlich nahekommen,

Dafern er meinte, daß aus jedem Kreis

Das Gut und Böse stamm, und deshalb lehrte,

Dem kehre Schimpf zurück und jenem Preis.

Und dieser schlechtverstandne Satz verkehrte

Fast alle Welt, so daß in Sternen man

Den Mars, Merkur und Jupiter verehrte.—

Der andre Zweifel, welcher dich umspann,

Hat mindres Gift, indem er nicht entrücken

Dich meinem Pfad durch seine Schlingen kann.

Denn scheint auch ungerecht den Menschenblicken

Unsre Gerechtigkeit, nun, so beweist

Dies Glauben nur, nicht ketzerische Tücken.

Allein wohl fähig ist des Menschen Geist,

In diese Wahrheit tiefer einzudringen,

Drum will ich jetzt, daß du befriedigt seist.

Ist das Gewalt, wenn jenen, welche zwingen,

Der, welcher leidet, nie sich willig zeigt,

So kann sie jenen nicht Entschuldgung bringen.

Denn Wille, der nicht will, bleibt ungebeugt,

Wie Feuer, mag der Sturmwind tosend Schwellen,

Oft hingeweht, neu in die Höhe steigt.

Der Wille wird zu der Gewalt Gesellen,

Wenn er sich beugt; drum fehlte jenes Paar

Rückkehren könnend zu den heilgen Zellen.

Blieb jener Nonnen Will unwandelbar,

Wie auf dem Rost Laurentius geblieben,

Wie Scävola, der streng der Rechten war,

So hätt er sie, befreit, zurückgetrieben

Denselben Pfad, auf dem man sie entführt;

Doch selten sind, die solchen Willen lieben.

Noch hättest du den Zweifel oft gespürt,

Der jetzt gewiß vor meinem Wort geschwunden,

Wenn du wohl aufgemerkt, wie sichs gebührt.

Doch hält ein andrer schon dein Aug umwunden,

Und gänzlich schwände deine Kraft dahin,

Eh du dich Selbst aus ihm herausgefunden.

Ich legt es als gewiß in deinen Sinn,

Die Seele, die der ersten Wahrheit Pforten

Stets nahe bleibt, sei niemals Lügnerin.

Doch nun erfuhrst du durch Piccarda dorten,

Daß ihren Schleir Konstanze nie vergaß,

Und dies scheint Widerspruch mit meinen Worten.

Oft, Bruder, die Gefahr zu fliehn, geschahs,

Daß sich ein Mensch, auch wider Willen, dessen,

Was nimmer sich zu tun geziemt, vermaß.

So hat Alkmäon, welcher sich vermessen

Des Muttermords, weil ihn sein Vater bat,

Die Sohnespflicht aus Sohnespflicht vergessen.

Daraus erkennst du diese Wahrheit: hat

Der Wille sich vermischt dem äußern Drange,

So liegt in ihm die Schuld der bösen Tat.

Der unbedingte Wille trotzt dem Zwange,

Doch stimmt insofern bei, als der Gefahr

Er zagend weicht, vor größerm Schaden bange.

Piccarda sprach, dies siehst du jetzo klar,

Vom unbedingten Willen nur zum Guten,

Vom zweiten Ich, und beider Wort ist wahr."

So war das Wogen jener heilgen Fluten

Dem Quell entströmt, dem Wahrheit nur entquillt,

Daß süß befriedigt meine Wünsche ruhten.

"Liebste des ersten Liebenden, o Bild

Der Gottheit," rief ich, "deren Rede regnet,

Erwärmt und mehr und mehr belebt und stillt.

Oh, war mit Inbrunst doch mein Herz gesegnet

Zum Dank, der gnügte deiner Huld—doch dir

Sei nur von ihm, der sieht und kann, entgegnet.

Nie sättigt sich der Geist, dies seh ich hier,

Als in der Wahrheit Glanz, dem Quell des Lebens,

Die uns als Wahn zeigt alles außer ihr.

Doch fand er sie, dann ruht die Qual des Strebens,

Und finden kann er sie, sonst wäre ja

Jedweder Wunsch der Menschenbrust vergebens.

Dann läßt der Geist, wenn er die Wahrheit sah,

An ihrem Fuß den Zweifel Wurzel schlagen

Und treibt von Höhn zu Höhn dem Höchsten nah.

Dies ladet nun mich ein, dies heißt mich wagen,

Nach einer andern dunkeln Wahrheit jetzt

Voll Ehrfurcht, hohe Herrin, Euch zu fragen.

Kann wohl der Mensch, der ein Gelübd verletzt,

Durch andres gutes Werk dies so vergüten,

Daß Ihrs, nach Eurer Wag, als gnügend schätzt?

Sie sah mich an, und Liebesfunken sprühten

Aus ihrem Aug so göttlich klar hervor,

Daß ich, besiegt, sobald sie mir erglühten,

Gesenkten Blicks mich selber fast verlor.


Inhalt: "Göttliche Komödie"

Download: "Göttliche Komödie"

Quelle: http://www.gutenberg.org/cache/epub/8085/pg8085.txt

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