Christlichen Bibliothek. Göttliche Komödie. Das Fegefeuer: Dreiundzwanzigster Gesang. Orthodoxie, Katholizismus und Protestantismus. Göttliche Komödie.
Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.                Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht mißbrauchen.                Du sollst den Feiertag heiligen.                Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.                Du sollst nicht töten.                Du sollst nicht ehebrechen.                Du sollst nicht stehlen.                Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.                Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.                Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh noch alles, was dein Nächster hat.               
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Das Fegefeuer: Dreiundzwanzigster Gesang
   

Inhalt: "Göttliche Komödie"


Fortsetzung. Die Schatten. Forese Donati redet über die Ueppigkeit der florentinischen Frauen.

Indes ins Laubwerk meine Blicke drangen,

So scharf und spähend, wie sie einer spannt,

Der seine Zeit verliert mit Vogelfangen,

Rief er, der mehr als Vatersorg empfand:

"Sohn, komm. Die Zeit, die uns verliehn zum Reisen,

Sei eingeteilt und nützlicher verwandt."

Schnell wandt ich Blick und Schritt zu beiden Weisen,

Die also sprachen, daß zum leichten Gang

Die Mühe ward, den Felsen zu umkreisen.

Sieh, da erklangen Klagen und Gesang:

"Herr, meine Lippen," klangs mit einem Stöhnen,

Das mich zugleich mit Lust und Leid durchdrang.

"Mein süßer Vater, welche Stimmen tönen?"

Ich riefs, und er drauf: "Schatten sinds, die nun

Für einst versäumte Pflicht den Herrn versöhnen."

Wie unterweges eilge Wandrer tun,

Die Leut einholen, welche sie nicht kennen,

Und sich zwar umsehn, doch nicht stehn und ruhn;

So kam jetzt hinter uns in schnellerm Rennen

Ein frommer Haufe, lief vorbei und schaut

Uns staunend an, um schweigend fortzurennen.

Die Augen tief und hohl und nachtumgraut,

Erschienen sie, die Hagern, die Erblaßten,

Die Knochen alle sichtbar durch die Haut.

So mager, glaub ich, war nach langem Fasten,

So ausgetrocknet nicht Erisichthon,

Als nun sein eignes Fleisch die Zähn erfaßten.

Sie gleichen jenen, dacht ich, da sie flohn,

Die einst Jerusalem verloren haben,

Wo selbst die Mutter fraß den eignen Sohn.

Tief war das Aug in seinem Rund vergraben,

Das einem Ringe sonder Gemme glich,

Und Nas und rings die Knochen scharf erhaben.

Daß eines Apfels Duft so jämmerlich

Zurichten könn und Duft von einer Quelle,

Begier erzeugend, wer wohl dächt es sich?

Schon staunt ich, wie der Hunger sie entstelle,

Indem ich noch die Ursach nicht verstund,

Von ihrem magern Leib und traurgem Felle.

Da sah ich, wie aus seines Hauptes Grund

Ein Geist auf mich die Augen forschend richte,

Der ausrief: Welche Gnade wird mir kund?

Nie hätt ich ihn erkannt am Angesichte,

Doch durch die Stimme ward mir offenbart,

Wie Hunger Ansehn und Gestalt vernichte.

Und dieser Funke machte völlig klar

Mir die Erinnrung, daß ich sein gedachte,

Und sah, daß dies Foreses Antlitz war.

Und er begann nun flehend: "Ach, verachte

Die dürre Haut nicht, noch mein blaß Gesicht,

Ob auch die Schuld um alles Fleisch mich brachte.

Gib wahrhaft mir von deinem Los Bericht,

Und von den zwein, die bei dir sind—ich flehe!—

Verweigre mir erwünschte Kunde nicht."

"Dein Angesicht, bei dem mit tiefem Wehe,"

Begann ich, "als ichs tot sah, ich geklagt,

Betrübt mich mehr, da ichs so hager sehe.

Drum sprich, bei Gott, was so dein Laub zernagt.

Nicht wolle, daß ich, weil ich staun, erzähle,

Denn übel spricht, wen selbst die Neugier plagt."—

"Vom ewgen Rat", so sprach Foreses Seele,

"Sinkt eine Kraft, die Bach und Baum durchdringt,

Durch die ich hier mich abgemagert quäle.

Sie ists, die jeden, der hier weinend singt,

Zur Heiligkeit vom wüsten Schwelgerleben

Durch Hunger und durch Durst zurückebringt.

Der Duft, den jene Früchte von sich geben,

Der Quell auch, der sie netzt, entflammt der Brust

Nach Speis und Trank ein nie gestilltes Streben.

Sooft im Kreis wir dorthin ziehn gemußt,

Wird immer diese Pein in uns erneuert.

Ich sage Pein und sollte sagen: Lust,

Weil nach dem Baum uns jener Drang befeuert,

Der Christum froh dahin zum Kreuz gebracht,

Wo unsrer Schmach sein teures Blut gesteuert."

Drauf ich: "Forese, seit du jene Nacht

Vertauscht mit diesem bessern Leben, zählte

Man nur fünf Jahr, die kaum den Lauf vollbracht.

Wenn dir die Kraft zu sündgen eher fehlte,

Als du durchdrungen warst von gutem Leid,

Das stets die Seele neu mit Gott vermählte,

Wie stiegst du in so kurzer Frist so weit?

Dort unten dich zu finden mußt ich meinen,

Wo man verlorne Zeit ersetzt durch Zeit."

Und er: "Zum süßen Wermutstrank der Peinen

Hat mich befördert meiner Nella Fleiß

In frommem Flehn und ihr unendlich Weinen.

Denn ihr Gebet, ihr Stöhnen fromm und heiß,

Hat mich der Küste, wo man harrt, entzogen

Und mich befreit aus jedem andern Kreis.

Ihr. die ich so geliebt, ist Gott gewogen,

Weil sie, der nur der Tugend Reiz gefällt,

Sich ganz vom Pfad der andern abgezogen.

Der Sarden rohes Bergesland enthält

Mehr Scham und Sitte noch in feinen Frauen

Als das, wo ich sie ließ in jener Welt.

O süßer Bruder, soll ich dirs vertrauen?

Ich glaube schon die Zukunft, der das Heut

Nicht alt erscheinen wird, vor mir zu schauen,

Wo man den frechen Fraun, die ungescheut

Den Busen mit den Brüsten offenbaren,

Dies von der Kanzel in Florenz verbeut.

Wann mußten Fraun von Türken und Barbaren,

Um mit bedeckter Brust einherzugehn,

Von Staat und Kirche Rügen erst erfahren?

Doch könnten nur die Unverschämten sehn,

Was ihnen schon der Himmel vorbereitet,

Sie wurden heulend, offnen Mundes, stehn.

Sie jammern, wenn kein Wahn mich hier verleitet,

Eh auf des Wange, der jetzt eingelullt

Von Eipopeia wird, sich Flaum verbreitet.

Jetzt sprich von dir und zahle mir die Schuld.

Sieh alle, die dorthin die Augen lenken,

Wo du die Sonne deckst, voll Ungeduld."

Und ich versetzt ihm: "Willst du des gedenken,

Was du mit mir einst warst, und ich mit dir,

So wird noch jetzt dich die Erinnrung kränken.

Vor kurzem hat von dort er, der vor mir

Als Führer geht, mich mit sich fortgenommen,

Als rund euch schien der Bruder dieser hier."

—Die Sonne zeigt ich—"Mir zum Heil und Frommen

Bin ich durch wahren Todes tiefe Nacht

Mit ihm in diesem wahren Fleisch gekommen.

Er hat im Kreislauf mich emporgebracht

Zu diesem Berg, wo die sich grad erheben,

Die einst das Erdenleben krumm gemacht.

Er wird mir sein Geleit so lange geben,

Bis ich gelangt zu Beatricen bin;

Ohn ihn dann muß ich weiter aufwärts streben.

Es ist Virgil"—hier zeigt ich nach ihm hin—

"Sieh auch den andern und erkenne diesen

Als den, ob des der Berg gebebt vorhin,

Da euer Reich ihn von sich weggewiesen."


Inhalt: "Göttliche Komödie"

Download: "Göttliche Komödie"

Quelle: http://www.gutenberg.org/cache/epub/8085/pg8085.txt

Read also in English: The Divine Comedy

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