Christian Artikel - Liebt einander Christentum - Liebt einander
Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.                Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht mißbrauchen.                Du sollst den Feiertag heiligen.                Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.                Du sollst nicht töten.                Du sollst nicht ehebrechen.                Du sollst nicht stehlen.                Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.                Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.                Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh noch alles, was dein Nächster hat.               
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Emotional aufgedreht
   

Autor: Zeugnis,
Liebt einander! 2/2011 → Familie



Mein ganzes Leben lang war ich Atheist, redete schlecht über Priester. Ich glaubte nur an irgendeine Kraft, die die Welt lenkt, aber an den Gott, an den ich nun glaube, glaubte ich nicht.

Mein Vater hat mich verlassen, als ich sieben Jahre alt war. Er tat es unter anderem aus dem Grund, weil er ein Alkoholproblem hatte. Ich hatte also kein Vorbild, von dem ich hätte lernen können, wie man Beziehungen führt und die eigene Männlichkeit aufbaut. Ich fühlte mich ungeliebt und schuldig. Ich suchte mich selbst und versuchte, eine Bestätigung meiner Männlichkeit im Trinken, im Drogenkonsum und in der Pornografie zu finden …

Meine Mutter hatte viele Jahre lang ebenfalls nichts mit der Kirche zu tun … Es fing ganz harmlos an – zunächst waren da Yoga und Entspannungstechniken, um den inneren „Frieden“ zu finden. Dann kam Reiki. Meine Mutter organisierte solche Treffen und engagierte sich ganz stark. Und weil das Ganze bei uns Zuhause stattfand, machte auch ich mit. Es folgten Reisen nach Indien zu irgendwelchen Gurus, irgendwelche Energien, massenhaft Menschen, die bei uns aus und eingingen, und die unser Haus wie betrunken und benebelt verließen … Durch das Ganze verlor ich den Kontakt zu meiner Mutter; sie lebte in ihrer eigenen Welt.

Karoline, meine Frau, war die erste Person, mit der ich anfing, über Gott zu reden. Durch sie brachte mich Gott in die Kirche zurück. Im ersten Jahr unserer Verlobungszeit änderte sich sehr viel. Ich hörte von Katechesen der Charismatischen Bewegung und beschloss, dahin zu gehen – und so fing alles an … Nach der ersten Katechese ging ich in die Buchhandlung und kaufte mir zwei Bücher: ein Gebetbuch und das Neue Testament, das ich praktisch innerhalb von zwei Tagen von der ersten bis zur letzten Seite las. Beim Lesen schmolz etwas in mir dahin … „Denn die Berge können weichen und die Hügel erbeben, aber meine Liebe wird dich nicht verlassen“, das sind die Worte, die der Herr zu mir sprach und die ich bis zum Ende meines Lebens nicht vergessen werde …

Alkohol trank ich schon als Teenager und erlebte einige Male einen Alkoholrausch. Ich trank nicht, weil mir Alkohol schmeckte, sondern weil ich etwas fühlen wollte. Wenn ich die Geschichte meiner Krankheit erzähle, dann sehe ich, dass sie sich entwickelte, sie blieb nicht an irgendeinem Punkt stehen, sondern es ging immer weiter bergab … Dazu gesellten sich noch weitere Süchte. Im Studium kam ich erstmals mit Marihuana in Berührung. Es gefiel mir sehr. Ich rutschte sehr schnell hinein. Ich rauchte sehr, sehr viel … Wenn ich mal kein einziges Gramm mehr hatte, wurde es kritisch. Das meiste Geld gab ich für Bier und Marihuana aus. Ich betrank und bekiffte mich. Der Alkohol erleichterte den Weg in die dritte Sucht: die Abhängigkeit von Pornografie und Masturbation.

Als ich heiratete (damals war ich erst frisch bekehrt), hatte ich zwei Arbeitsstellen, es war wirklich schwer. Trotzdem trank ich täglich Bier, ich musste es einfach tun. Die Bierflaschen lagerte ich im Keller, zunächst eine, dann zwei, dann drei Bierflaschen und zuletzt einen ganzen Kasten, da Alkohol immer mehr abhängig macht. Ich ging betrunken schlafen und am nächsten Morgen wieder zur Arbeit. Und so war es jeden Tag …

Eines Tages erhielt ich einen Anruf, dass es meiner Mutter nicht gut gehen würde. Sie war zwei Wochen lang im Krankenhaus. Es kam zu einer bakteriellen Vergiftung und einer Herzmuskelentzündung; ihr Zustand war kritisch, lebensbedrohlich. Zu dieser Zeit war ich schon gemeinsam mit meiner Frau im Neokatechumenat. Ich wusste nicht, was ich tun sollte …

Ich fragte einen befreundeten Priester, Pater Stefan, um Rat. Eines Tages sagte ich zu meiner Mutter: „Es sieht nicht gut aus, du könntest sterben. Hier, auf der Erde, kannst du noch sehr viel tun, wenn du aber gestorben bist, kannst du nichts mehr tun. Du könntest einen Priester kommen lassen“. Mein Herz schlug wie verrückt, als ich dies sagte. Meine Mutter war einverstanden, und Pater Stefan konnte kommen. Sie beichtete, die Sünden wurden ihr erlassen, sie erhielt die Krankensalbung und starb nach einer Woche mit dem Herrn versöhnt. Kurz vor ihrem Tod, nachdem sich meine Mutter mit dem Herrn wieder versöhnt hatte, verbrachten wir ein paar Abende zusammen – es waren wunderschöne Abende, denn ich hatte meine wahre Mutter wiederbekommen …

Kurz nach ihrem Tod fing ich wieder mit dem Trinken an. Es begann die Urlaubszeit, ich hatte meinen ersten freien Tag und legte richtig los … Ich wachte betrunken auf, denn es war die Zeit, wo ich jeden Abend drei Bier und eine viertel Flasche Vodka trank. Dann wollten wir grillen. Karoline war im Garten und ich ging in den Keller, um Alkohol zu holen. Als wir abends nach Hause kamen, ging meine Frau unsere kleine Tochter baden. Ich setzte mich in den Sessel und fühlte mich auf einmal total hoffnungs- und machtlos. Es kam so plötzlich über mich, dass ich anfing, zu weinen. Und dann rief ich aus meinem tiefsten Innern heraus: „Jesus, rette mich!“ Da fing ich urplötzlich an, mich hin und her zu werfen, zu schreien … Karoline kam aus dem Badezimmer herausgestürmt und ich schlug gegen das Bett, die Möbel … Ich hatte keine Kontrolle mehr über mich … Karoline war geschockt und erschrocken, sie rief ihre Eltern an und diese riefen den Krankenwagen.

Ich wollte niemandem etwas zuleide tun, aber irgendetwas in meinem Innern zerbrach. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dann sehe ich, dass Christus mich nach meinem Schrei erhört hat und der Dämon wütend darüber war, denn er hatte Angst, dass ich mich aus der Sucht befreien würde, in der er mich so lange gefangen gehalten hatte.

Meine Familie wollte nicht, dass die Leute über uns reden. Mein Schwiegervater bat, dass man mir doch keine Zwangsjacke anziehen sollte. Im Krankenwagen fühlte ich eine solche Kraft, dass ich, wenn ich nur gewollt hätte, in der Lage gewesen wäre, den ganzen Wagen auseinanderzunehmen – zusammen mit den Insassen. Im Endeffekt zog man mir dann doch die Zwangsjacke an, band mich ans Bett fest und fuhr mit mir in die Psychiatrie. Dort verbrachte ich eine ganze Woche und erlebte ganz intensiv die Anwesenheit Gottes.

Das war das erste Mal, dass meine Maske schmerzhaft heruntergerissen wurde und mein Alkoholismus zum Vorschein kam. Alles kam heraus … Meine Schwiegereltern erfuhren es … Ich erlebte mich ganz tief unten … Die erste Nacht verbrachte ich ans Bett gefesselt, man zog mir eine Windel an. Ich konnte nicht wirklich schlafen, weil ich angebunden war, und ich schlafe nicht gerne auf dem Rücken. Neben mir schliefen andere Menschen: Drogensüchtige, psychisch Kranke und Alkoholiker, manche von ihnen im Delirium. Das war eine schreckliche, schwere Nacht … Ich war ganz tief unten ...

Morgens kam meine Familie. Ich weinte. Ich hatte schreckliche Angst, dass meine Frau mich verlassen würde, dass meine Schwiegereltern sich von mir abwenden. Aber sie kamen und zeigten mir ihre Liebe. Das war unglaublich. „Das schaffen wir schon, wir fangen mit der Behandlung an“, sagten sie.

Nach diesem Ereignis trank ich nicht mehr, aber ich war immer noch von der Pornografie, der Selbstbefriedigung, Computerspielen und Drogen abhängig. Diese meine Süchte führten zu Schulden, die wir bis heute abbezahlen …

Ich war ein Meister der Manipulation und wartete nur auf eine entsprechende Gelegenheit. Wenn Karoline mit unserem Kind irgendwohin fuhr, installierte ich mir Computerspiele, lud Pornos herunter, um eine Auswahl zu haben, kaufte Drogen, die alle Emotionen noch verstärkten, setzte mich hin und …

Am meisten suchte ich in der Pornografie und Masturbation die Selbstbestätigung und das Gefühl, ein echter Mann zu sein. Warum? Weil Pornografie und Selbstbefriedigung die Illusion schaffen, dass man eine Frau besitzt, dass „ich sie habe“. Ich hatte eine Menge Frauen auf diese Art und Weise und betrog so meine Frau, weil es ja Ehebruch ist. Und ich konnte nicht genug bekommen. Der Mensch kann sich damit nicht sättigen. Es gab solche Momente, dass ich nicht normal auf die Straße gehen und Frauen anschauen konnte. Ich dachte nur an das Eine … Jede Frau war für mich eine Schlampe, die man benutzen konnte. Die Pornografie hat mein Wesen verunstaltet. Manch einer wird sagen, dass Pornografie super sei – das habe ich auch gedacht …

Aber früher oder später kommt der Moment, wo man die Rechnung für all diese Erlebnisse zu zahlen hat, wo es kein Entrinnen mehr aus diesem Weg ins Nichts gibt … Meine Erfahrung zeigt, dass Pornografie den Menschen emotional aufdreht; Schraube für Schraube hat sie mein Gefühlsleben aufgedreht, was Einfluss auf meine Einstellungen und Entscheidungen hatte.

Karoline wurde zu meinem größten Feind. Ich musste mir ständig etwas ausdenken, verschiedene Sachen im Keller verstecken, sie betrügen. Aber es wurde mir immer klarer, dass es so nicht weiter geht … Ich wollte dem Ganzen ein Ende setzen.

Einst hatte ich in unserer Gemeinschaft einen Vortrag über Süchte gehalten. Weshalb lässt Gott es zu, dass die Menschen in Abhängigkeiten geraten? Um sie zu heilen. Gott hat mir zwei Jahre lang gezeigt, dass ich ein sehr hochmütiger Mensch bin und dass das die Ursache meiner Sünden ist. Hätte Er mir dies alles auf einmal gezeigt, so hätte ich dies einfach nicht ertragen …

Eines Tages kam Karoline vom Gottesdienst nach Hause und sagte, dass sie mir nicht vertrauen kann. Das hat mich wie ein Schlag getroffen! Ich wurde furchtbar wütend, es hat mir sehr wehgetan. Meine eigene Frau sagt mir, dass man mir nicht vertrauen und sich nicht auf mich verlassen kann!.. Ich war nicht sehr nett, wütete rum, aber nach einiger Zeit sah ich, dass das, was da so schrie, nichts anderes als mein eigener Hochmut war. Ich sah, dass das die Wahrheit war, dass Karoline sich wirklich nicht auf mich als Ehemann verlassen konnte, dass ihre einzige Stütze Gott war.

Ich entschuldigte mich später bei ihr. Ich verstand, dass die Tatsache, dass ich keinen Vater hatte, dazu geführt hatte, dass ich viele Sachen alleine tun musste. Ich dachte immer: Ich bin allein, ich bin allein, ich bin allein … Ich sehe nun, dass all diese Süchte mir halfen, mich vor Gott hinzustellen und zu sagen: „Hilf mir!“ Schließlich traf ich die Entscheidung, eine Therapie zu beginnen.

Eines Tages überfiel mich in der Arbeit eine schreckliche Angst, ein Entsetzen – ich kann es nicht beschreiben – ein Gefühl, als würde ich innerlich brennen, etwas ganz Schreckliches! Ich ging aus der Arbeit raus und fühlte diese fürchterliche Angst. Etwas umringte mich und schrie in mir, ich solle mich umbringen: „Geh in die Apotheke und stopfe einfach irgendwelche Tabletten in dich hinein!“ … Ich hörte sogar das Geräusch, wie ich die Tabletten aus der Folie herauslöse … Leider war ich nicht im Zustand der heilig machenden Gnade, denn zwei Tage vorher hatte ich wieder masturbiert …

Die ganze Zeit über, als ich diese Gefühle hatte, telefonierte ich mit meiner Frau. Ich fuhr um 16 Uhr in die Kathedrale und wartete bis 18 Uhr auf die Beichte. Diese Beichte werde ich bis zu meinem Lebensende nicht vergessen. Das erste Mal beichtete ich Sünden, die ich vorher niemals erwähnt hatte. Unter anderem Sakrilegien – die Dämonen vergessen das nicht, sie melden sich früher oder später!

Im Gymnasium hörte ich oft Heavy Metal Musik; viele dieser Bands sind Satanisten; ich habe auch die Bibel des Satans gelesen. Niemals vorher hatte ich all das gebeichtet. Nun sagte ich alles. Was der Priester mir sagte, habe ich nicht mehr in Erinnerung, weil ich die ganze Beichte hindurch weinte, aber ich habe wirklich die Erfahrung gemacht, dass sich im Beichtstuhl nicht der Priester, sondern Christus befindet, der mich liebt. Ich sah, dass ich Gott wie einen meiner Kumpel behandelt hatte. Nun verstand ich aber, dass Gott allmächtig ist. Ihm gebührt Ehre.

Seit diesem Januar, seit dieser Beichte, hat sich mein Leben verändert. Meine Motivation hat sich auch verändert – ich möchte Gottes Gnade nicht mehr verlieren.

Ich sah mich selbst, einen Jungen, der Eigenschaften besitzt, die ich an mir nicht leiden, nicht akzeptieren kann. Ich sah einen Alkoholiker, einen Drogensüchtigen … Einen Jungen, den sein Vater verlassen hat, der zwei Mal von erwachsenen Männern sexuell missbraucht worden war. Einen Jungen, der in seiner Kindheit weggestoßen, von Mitschülern ausgelacht wurde … Ich sah, dass ich kein Superehemann bin – dass ich nicht so bin, wie ich im Grunde meines Herzens gerne wäre; ich sah mich …

Und da nahm ich diesen Matthias an – Gott hat mir die Gnade gegeben, mich so anzunehmen, wie ich bin, und davor bin ich mein ganzes Leben lang weggelaufen. Gott hat mir mich selbst wiedergegeben, Er gab mir mein Selbstwertgefühl, meine Identität wieder … Ich fühlte, dass Er mich so liebt, wie ich bin. Ich muss nicht mehr weglaufen, muss nicht der Beste sein, muss mich nicht anstrengen, um nur nicht das Gesicht zu verlieren … Dies hat eine zentnerschwere Last von meinen Schultern genommen, hat mir ein Gefühl von Leichtigkeit im Herzen gegeben; ich konnte mich endlich im Spiegel anschauen und mir selber zulächeln. Zum ersten Mal im Leben konnte ich mir selber verzeihen.

Ich erlebe die ganze Zeit über Versuchungen, aber zum ersten Mal seit sehr langer Zeit schaue ich mir keine Pornografie mehr an, masturbiere nicht, trinke nicht und nehme auch keine Drogen mehr. Das ist nicht mein Verdienst, das verdanke ich der Gnade Gottes. Auch eine Therapie im Zentrum für Suchtkranke hat mir geholfen, ich habe dort sehr viel lernen können.

Ich habe das Gefühl, dass ich glücklich bin. Es ist das Glück, welches ich vom auferstandenen Christus erhalten habe, und keiner kann mir sagen, dass es nicht so ist.

Gott heilt nun die Beziehung zu meinem Vater. Ich wünsche mir, dass einmal ein Tag kommt, an dem ich mit meinem Vater über meine Erfahrungen mit Gott sprechen kann. Ein Tag, an dem ich ihm sagen kann, dass ich ihm verzeihe. Ich denke, es wird irgendwann so ein Augenblick kommen … Wenn wir sonntags zu ihm fahren und es das Standard-Mittagessen gibt, die Sitzbank, die zu niedrig ist, den Fernseher, der die ganze Zeit läuft, dann ist es schwierig, wirklich schwierig … Aber ich denke, irgendwann kommt dieser Augenblick.

Gott und die Kirche geben mir Kraft. Ohne die Gemeinschaft, ohne die Eucharistie und ohne das Wort Gottes hätte ich gar keine Chancen. Das Verharren in der heilig machenden Gnade ist das Fundament. Nur dann kann der Heilige Geist wirken. Gott ist derjenige, der wahrhaft liebt. Trotz all meiner Schwächen liebt er mich. Ich habe ihn notorisch betrogen, Er aber hat mich niemals verlassen. Seine Liebe bewirkte, dass ich wirklich glauben konnte. Da, wo ich glaubte, weggestoßen zu werden, fand ich die Liebe.

Matthias

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Veröffentlicht mit Zustimmung des "Liebt einander!" im Februar 2016.



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